Bei solchen Themen folgen immer die gleichen Reaktionen: „Das kommt davon, dass Konsumenten ihre Produkte billig haben wollen.“ oder „Man sollte Produkte im eigenen Land herstellen und lokale Unternehmen fördern“ …
Diese unqualifizierten Aussagen sind der Unkenntnis der Lieferketten, welche zur Herstellung von Elektronik (aber auch anderen Waren) nötig sind, geschuldet.
In Elektronik wie etwa Smartphones werden Metalle der Seltenen Erden verwendet (http://de.wikipedia.org/wiki/Metalle_der_Seltenen_Erden). China verfügt über die größten Vorkommen dieser Metalle und begrenzt den Export im strengen Maße, was den Weltmarktpreis in die Höhe treibt. Somit wäre es für ausländische Unternehmen sehr schwierig, die benötigte Menge an Seltenen Erden zu importieren, um annährend eine Produktionsleistung zu ermöglichen, wie sie Foxconn erlaubt. China ist ein arbeitsintensives Land, da Arbeitskraft im Vergleich zu Kapital überproportional vorhanden ist. Ein europäisches Werk kann zwar mit der gleichen Anzahl an Arbeitern effizienter arbeiten (absoluter Vorteil), allerdings ist China in der Fertigungsindustrie verglichen zu anderen Branchen relativ effizient (komparativer Vorteil). Daher lohnt es sich für westliche Unternehmen in China fertigen zu lassen und für China lohnt es sich auf arbeitsintensive Sektoren zu spezialisieren. Den Chinesen geht es zwar nicht so gut wie in hiesigen Betrieben, aber man kann Foxconn nicht mit unseren Betrieben vergleichen, sondern muss das Unternehmen mit anderen chinesischen Industrieunternehmen (Textilbranche,…) vergleichen. Hier sind sowohl die Bezahlung als auch die Arbeitssituation als überdurchschnittlich zu bewerten. Wenn man bedenkt, wie verarmt die Menschen in den ländlichen Regionen sind, so wird deutlich, dass ein solcher Arbeitsplatz für die Menschen sehr wichtig ist.
China durchläuft gerade den gleichen Prozess, den andere Industrieländer früher durchlaufen haben. Die Industrialisierung führt zu unmenschlichen Arbeitsbedingungen. Siehe England, Deutschland (etwa Weberaufstand) und andere. Die Politik wird sich irgendwann den Druck der wachsenden Mittelschicht beugen müssen und die Arbeitsbedingungen werden verbessert.
Ohne Ausländische Unternehmen, die Kapital ins Land bringen, entsteht natürlich keine Mittelschicht und die Arbeitsbedingungen können nicht besser werden. Daher wäre ein Boykott chinesischer Produkte langfristig eher kontraproduktiv.
Apples Marge wird überschätzt. Das liegt daran, dass Leute schlecht recherchierten Texten vertrauen, in denen Schätzungen Herstellungskosten von $207 angeben. Wow. Von den $400 Marge könnte man die Arbeiter besser bezahlen, oder? Falsch. Zum einen kommen Kosten für die Entwicklung, Marketing, Verwaltung, Verpackung, Transport, Lizenzen (alleine $6 pro iPhone an Nokia), Infrastruktur, Retail (Mieten + Personal) und und und dazu. Das ist auch nichts wirklich neues. Nimmt man ein Auto. Sagen wir der Golf wird für ca 18 000 € verkauft. Die Herstellungskosten liegen bei 5000 €. Wieso werden keine Hetzartikel gegen VW gestartet? Das sind doch Riesenmargen von denen Fiat und Co. nur träumen können. Weit gefehlt: Wenn man davon ausgeht, das die Entwicklung, Marktreife und Produktionsvorbereitung heute etwa bis zu 1 Milliarde € kosten, dann bist ist man bei einer Stückzahl von 15.000 Fahrzeugen und einer Laufzeit von 5 Jahren allein bei einem Anteil von über 13.000,-€ pro Fahrzeug für die Entwicklung. Und VW hat ja auch noch eine Marketing- und Logistikabteilung…
Aber woher kommen dann die Rekordgewinnne? Unternehmen wie Apple und Samsung haben als einzige Mobilfunkunternehmen ordentliche Gewinnmargen. Woran liegt das? Nokia bietet doch auch Lumias für über 600€ an. Sony, LG und HTC haben auch teure Geräte im Angebot. Dies liegt daran, dass beide Unternehmen Vertikale Integration (http://de.wikipedia.org/wiki/Vertikale_Integration) betreiben und sie perfektioniert haben. Apple benutzt zwar Auftragsfertiger, aber die Lieferketten sind enorm optimiert. Das ist auch der Grund, warum der dafür zuständige Vice President Nachfolger von Steve Jobs wurde. Tim Cook hat Apple effizient gemacht und Apple ist in der Lage gute Verträge mit Auftragsfertigern auszuhandeln. Samsung ist seit jeher sowieso ein Unternehmen, was in der Herstellung auf eigene Fabriken setzt und gute Verträge mit den anderen Töchtern verbessern die Marge. Industrieunternehmen in den USA und Europa können nur effizient sein, wenn die Produkte ein hohes Maß an Individualisierung und Spezialisierung erfordern, in geringen Mengen hergestellt werden und die Mitarbeiter mit hochkomplexen Werkzeugen umgehen müssen. Deutschland ist deshalb ein Exporteur von komplexen Maschinen. Ist jedoch ein Produkt standardisiert und in hohen Mengen zu produzieren, was Folgen aus Vertikaler Integration sind, so sind Unternehmen in China geeigneter. Ein iPhone ist das beste Beispiel. Eine Gehäuseklasse pro Generation und keine Anpassung in der Fertigung erforderlich (das Speicherupgrade ist eine minimale Form der Anpassung).
Wir sind auf Produkte aus China angewiesen und die chinesischen Arbeiter sind auf unsere Nachfrage angewiesen. Statt uns über die Unternehmen zu beschweren, die in China fertigen lassen, müssen wir unseren Unmut über die Arbeitsbedingungen ausdrücken und die Hersteller zwingen, ihre Auftragsfertiger zu Zugeständnissen zu zwingen. Erst dann können die Arbeiter auf bessere Bedingungen hoffen. Wenn man ein Smartphone kauft, dann beutet man keinen Chinesen aus. Wenn wir keine Smartphones kaufen würden, dann müsste der Chinese wieder zurück aufs Land. Und diese Arbeitsbedingungen sind dokumentiert und viel schlimmer.